Das BFG hatte sich unlängst (GZ RV/7105211/2018 vom 9.4.2024) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Verkauf der Patient:innenkartei durch eine Ärztin an ihren Nachfolger umsatzsteuerfrei zu behandeln ist oder nicht. Während das Finanzamt der Ansicht war, dass eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung vorliegt, wollte die Steuerpflichtige die Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG geltend machen bzw. allenfalls jene nach § 6 Abs. 1 Z 26 UStG.
Das BFG setzt sich im Rahmen seiner Entscheidungsfindung mit beiden potenziellen Befreiungen auseinander. Entsprechend der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie sind Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, sofern sie von ärztlichen und arztähnlichen Berufen durchgeführt werden, von der Umsatzsteuer befreit. Darunter versteht man nicht nur Leistungen zur Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, zur Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen, sondern auch ärztliche Leistungen, die zum Zwecke der Vorbeugung von Krankheiten erbracht werden.
Dem VwGH folgend fallen nur solche Tätigkeiten unter die Steuerbefreiung gem. Z 19, die durch das „Ärztegesetz 1998“ abgedeckt sind. Dabei handelt es sich insbesondere um Untersuchungen auf das Vorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen etc., die Beurteilung und Behandlung solch krankhafter Zustände, die Vorbeugung von Erkrankungen, die Verordnung von Heilmitteln bzw. Heilbehelfen usw. Folglich bilden die im Ärzt:innengesetz genannten Tätigkeiten den eigentlichen Gegenstand eines ärztlichen Unternehmens. Davon abzugrenzen sind jene (Hilfs-)Geschäfte, die Unternehmer:innen zur Förderung, Aufrechterhaltung und Fortführung sowie zur allfälligen Auflösung des Unternehmens tätigen. Dem BFG folgend ist die Veräußerung gesammelter Patient:inneninformationen in Form einer Patient:innenkartei nicht dem Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit zuzurechnen – sie stellt hingegen ein Hilfsgeschäft dar. Daher kann der Verkauf der Patient:innenkartei nicht nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG steuerfrei sein, weil es sich um keinen Umsatz aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit durchgeführt werden, handelt, sondern um ein nicht steuerfreies Hilfsgeschäft.
Unter Umständen kann ein solches Hilfsgeschäft nach § 6 Abs. 1 Z 26 UStG steuerfrei sein, wobei dieser Tatbestand die Lieferung eines Gegenstands voraussetzt. Jedoch ist bereits einem früheren VwGH-Erkenntnis folgend und entgegen den Umsatzsteuerrichtlinien, aber in europarechtskonformer Interpretation, die Übertragung eines Kund:innenstocks als sonstige Leistung und nicht als Lieferung zu beurteilen. Da der wirtschaftliche Gehalt des Kaufes der Patient:innenkartei im Erwerb von Informationen über Patient:innen liegt (nicht körperlicher Gegenstand), ist von einem Umsatz aus einer Dienstleistung und somit einer sonstigen Leistung auszugehen.
Da folglich auch diese Befreiung im vorliegenden Fall nicht greift, ist dem BFG folgend der Verkauf der Patient:innenkartei umsatzsteuerpflichtig. Zweck des Verkaufs des Patient:innenstocks ist die Aufrechterhaltung bzw. Fortführung der Facharztpraxis. Die weitergegebenen Informationen im Patient:innenstock stellen eine Hilfe für die reibungslose Ordinationsfortführung dar. Der Verkauf ist eine sonstige Leistung und demnach ein Hilfsgeschäft zur ärztlichen Tätigkeit – die genannten umsatzsteuerlichen Steuerbefreiungen kommen nicht zur Anwendung. Die Lieferung des Datenträgers (i.S.d. Übergabe der Patient:innenkartei) ist als eine unselbständige Nebenleistung der sonstigen Leistung zu sehen – eine Befreiung für diese Lieferung i.S.v. Z 26 kommt daher nicht in Betracht.
Genauso hatte bereits das BFG im Jahr 2014 (siehe dazu KI 06/14) wie auch im Jahr 2016 (siehe dazu KI 10/16) entschieden. Beide Male wurde vom BFG entschieden, dass es sich bei der Übertragung einer Patient:innenenkartei um eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung handelt. Für die regelmäßig nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Ärzt:innen als Erwerber:innen der Patient:innenkartei führt die Umsatzsteuerpflicht der Übertragung typischerweise zu einem Kostenfaktor.
Durch das unlängst beschlossene Telearbeitsgesetz kommt es zur Ausweitung der bestehenden Regelungen zum Homeoffice auf den umfassenderen Begriff der Telearbeit. Dabei wird der räumliche Anwendungsbereich des Homeoffice i.S.d. eigenen Wohnräumlichkeiten des Arbeitnehmers ausgedehnt auf die Räumlichkeiten eines nahen Angehörigen (bzw. Lebenspartner:in) aber auch auf (Internet)Cafés oder Co-Working-Spaces. Ebenso ist zukünftig Homeoffice bzw. Telearbeit im Park oder an Ferienorten möglich, wodurch der gewünschten bzw. gelebten Flexibilität in der Wahl des Arbeitsortes Rechnung getragen wird.
Wie schon bisher ist es für das generelle Vorliegen von Homeoffice bzw. Telearbeit (i.S.d. AVRAG) notwendig, dass Telearbeit regelmäßig erbracht wird. Erfolgt die Arbeitsleistung nur ausnahmsweise bzw. lediglich im Anlassfall außerhalb des Unternehmens, liegt keine Telearbeit vor. Der erweiterte Anwendungsbereich gilt für ab 1.1.2025 abgeschlossene Vereinbarungen – bestehende Homeoffice-Vereinbarungen bleiben unberührt (sie können jedoch um weitere Arbeitsorte ergänzt werden). Zwei für die Praxis besonders relevante Aspekte werden nachfolgend umfassender erläutert.
Gesetzliche Unfallversicherung – Unterscheidung beim Wegunfall
Im Gegensatz zum Telearbeitsplatz selbst, bei dem – genauso wie im Homeoffice – stets Unfallversicherungsschutz gegeben ist, ist zukünftig bei Wegunfällen zwischen „Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn“ und „Örtlichkeiten von Telearbeit im weiteren Sinn“ zu unterscheiden. Das ist bedeutsam, da Unfallversicherungsschutz nur bei Wegunfällen am Weg von und zu Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn besteht.
Wird die Telearbeit in Wohnungen bzw. Räumlichkeiten von nahen Angehörigen bzw. in so genannten „Co-Working-Spaces“ durchgeführt, so handelt es sich dabei um Örtlichkeiten von Telearbeit im engeren Sinn, sofern sie sich in der Nähe zur Wohnung der Versicherten oder ihrer eigentlichen Arbeitsstätte (sofern nicht „remote“ gearbeitet wird) befinden. Alternativ sind die Voraussetzungen auch dann erfüllt, wenn die Entfernung von der eigenen Wohnung zur Wohnung der Angehörigen/Lebenspartner:in (das Telearbeitsgesetz sieht eine abschließende Definition von Angehörigen vor) bzw. zum Co-Working-Space dem sonst üblichen Arbeitsweg entspricht. Überdies besteht auch bei Arbeiten wie bisher im Homeoffice (am Haupt – oder Nebenwohnsitz der Arbeitnehmenden) Telearbeit im engeren Sinn. Hingegen handelt es sich um Telearbeit im weiteren Sinn, wenn an allen übrigen selbst gewählten Örtlichkeiten gearbeitet wird und diese nicht als Telearbeit im engeren Sinn gelten. Diese Differenzierung kann zukünftig dazu führen, dass z.B. das Arbeiten in einem Café zwar selbst vom Unfallversicherungsschutz umfasst ist, jedoch nicht der Weg dorthin bzw. von dort zurück.
Erhöhte Anforderungen an die Geltendmachung steuerlicher Begünstigungen
Bereits seit 2022 ist es möglich, Werbungskosten bis zu 300 € für die Anschaffung von ergonomisch geeignetem Mobiliar geltend zu machen, wenn jährlich an mindestens 26 Tagen die Tätigkeit ausschließlich im Homeoffice (zukünftig im Rahmen der Telearbeit) ausgeübt wird. Weitere Voraussetzung ist, dass keine Ausgaben für ein Arbeitszimmer steuerlich berücksichtigt werden. Außerdem kann für maximal 100 ausschließliche Homeoffice-Tage vom Arbeitgeber ein lohnsteuer-, sozialversicherungsbeitrags- und lohnnebenkostenfreies Homeoffice-Pauschale ausbezahlt werden (à 3 € pro Tag ergeben maximal 300 € pro Jahr). Gewähren die Arbeitgebenden kein solches Pauschale oder nur einen geringeren Betrag, können Differenzwerbungskosten von Arbeitnehmenden geltend gemacht werden.
Neben begrifflichen Änderungen ist zu beachten, dass trotz der räumlichen Ausdehnung durch den Begriff der Telearbeit die Werbungskosten für Investitionen in ergonomisch geeignetes Mobiliar nur bei Anschaffungen für die eigene Wohnung in Anspruch genommen werden können. Erhöhte Anforderungen bestehen zukünftig darin, dass beide steuerlichen Begünstigungen nur dann zustehen, wenn die Telearbeitstage samt ausbezahltem Pauschale durch die Arbeitgebenden am Lohnzettel bzw. in der Lohnbescheinigung ausgewiesen sind. Bisher war es bei fehlendem Ausweis am Lohnzettel für Arbeitnehmende möglich gewesen – basierend auf einem BFG-Judikat – alternative Nachweise für die geleisteten Telearbeitstage (Homeoffice-Tage) im Rahmen der Arbeitnehmer:innenveranlagung zu erbringen. Ab dem Kalenderjahr 2025 ist dies nicht mehr möglich.